Musik der Hipster

Neben der Kleidung, der Literatur, der Wortwahl und dem Verhalten nimmt die Musik in der Kultur der Hipster einen hohen Stellenwert ein. Die grundlegende Einstellung der Hipster zur Kommerzialisierung findet sich auch in der Geschichte ihrer Musik wieder. Die entscheidenden Stilrichtungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts umfassen den Blues, den Swing und den Bebop.

Blues
Der Blues entwickelte sich in den USA gegen Ende es 19. Jahrhunderts als Musikform der Afroamerikaner. Der Begriff leitet sich von „I feel blue“ (ich bin traurig) ab und unterstreicht damit seine hohe Emotionalität. In seinen vielfältigen vokalen und instrumentalen Gestaltungen verbindet er leuchtende Signale, scharfen Geschmack und klangvolle Riffs. Sein höchst herausragendes musikalisches System setzt sich zusammen aus seinen spezifischen lyrischen, harmonischen und musikalischen Konventionen. Besungen werden Schicksalsschläge aus dem Leben wie Einsamkeit, Arbeitslosigkeit, Not und Verrat. Für die Afroamerikaner in den USA hat er eine große Bedeutung. In den Zeiten der Depression symbolisiert er die schwarze, traditionelle Authentizität und ihren Essentialismus. Allgemein steht er für die schwarze Arbeiterklasse. Wie die Hipster zum Blues kamen, ist nicht geklärt. Deutlich werden jedoch die Parallelen zwischen der Ausgrenzung der Schwarzen und der Nonkonformität der Hipster in der Gesellschaft. Auch letztere gehörten Größtenteils den unteren Gesellschaftsschichten an, strebten nach Authentizität und setzten sich intensiv und emotional mit ihrem Leben auseinander. Der Text spiegelte ihr Leben, ihre Autobiografie als traurig, schlicht und isoliert wieder. Damit repräsentiert der Blues das realistische Stadium der Entwicklung der Musik und Weltanschauung der Hipster.

Swing
In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der Swing als Stilrichtung des Jazz. Im Gegensatz zum Blues wurde diese Musik sowohl von Weißen als auch von Schwarzen gespielt und gehört und ohne politische und soziale Inhalte hervorgebracht. Die unzähligen neuen Richtungen machten sich sowohl musikalisch als auch stilistisch und geografisch bemerkbar. Insbesondere strahlten die Big Bands in den 40er Jahren einen exotisch-erotischen Charme aus. Als Flucht aus der Depression in die Romantik umfasst die spezielle Identifikation zwischen den Menschen und der Musik den wichtigsten Aspekt des Swing. Er schafft einen neuen Anfang, fokussiert sich auf die Werte des Lebens, lässt die Hörer sich nach Innen kehren und bringt ihnen spirituelle Erfüllung. Die glückliche und sorgenfreie Stimmung verbreitete sich schnell und weit durch nächtliche Auftritte und Radios.

Auch im Swing finden sich Eigenschaften der Hipster wieder. Ihr Schwarz-Weiß-Denken deckt sich mit dem analytischen, scharfen und akzentuierten Stil der Musik, deren Aussage meist klar, schlüssig und unmissverständlich ist – vergleichbar mit dem analytischen Kubismus. Die leidenschaftlichen, heftigen und klagenden Klänge des Erzählers als Soloinstrument entsprechen der hohen Emotionalität und dem ausgeprägten Fühlen und Ausleben der eigenen Persönlichkeit der Hipster. Die besten Qualitäten des Swing – und die entscheidenden Eigenschaften des Hipsters – umfassen seine Spannung, seinen Elan, seine Aufrichtigkeit, seine Heftigkeit und seine Direktheit.

Bebop
Anfang der 40er Jahre löste der Bebop den Swing als Hauptstilrichtung des Jazz ab und wurde zur ersten modernen Ausdrucksform. Er verkörpert die Komplexität von Sound und Rhythmus in einer selbstbewussten Leidenschaft. Im Gegensatz zum Swing wurde der Bebop nicht von den Weißen geprägt, sondern war die Rebellion der Schwarzen gegen den weißen Kapitalismus. Mit der kompromisslosen Komplexität ihrer Kreativität wendeten sie sich mit ihrer Kunst vom Markt ab und wurden zu einer Minderheit in Amerika. So erzwungen die Künstler eigeninitiativ durchgreifende und verwirrende Innovationen vor einer irritierten und widerwilligen Zuhörerschaft. Ralph Ellen fasst die Stilrichtung als „momentous modulation into a new key of musical sensibility; in brief, a revolution in culture“ zusammen. Der Swing und damit verbunden die Hipster wurden von der breiten Bevölkerung als primitiv angesehen. Die Qualitäten des Jazz wurden nun herunter gestrafft. Mit ausweichender Spannung wurde jede Phrase geschickt mit einander verbunden. In der alles verlierenden Mischung gekappter Rhythmen spiegelt sich der Hipster als Spaßvogel, Jongleur oder Taschenspieler wieder. Als intellektuelle Musik drücken sich im Bebop Ambitionen und Leidenschaften aus. Er ist geprägt von ausgeprägter Virtuosität, dem zweiten Erwachen, Überraschungen durch unerwartete Handlungen und Noten, die den Zuschauer verblüffen und erobern. Diese Eigenschaften etablieren den Hipster als Wächter der Rätsel und der selbsternannten Interpreten. Mittels der sokratischen Methode öffnet er die Welt für die Naiven über die direkte Wahrnehmung hinaus. Das, was man im Bebop hört, ist immer etwas anderes, etwas unerwartetes.

Da die spezifischen Situationen im Swing enttäuscht haben, wurde im Bebop auf Wörter verzichtet. Wenn, dann wurden nur sinnlose Silben eingesetzt, die den Qualitätsverlust in der Jive-Sprache der Hipster verdeutlichen. Der Hipster hat sich von der realen Position in der Gesellschaft abgelöst und nichts mehr zu sagen. Er ist wortreich mit gebundener Zunge, er proklamiert das doppeldeutige Gerede der Öffentlichkeit. Der Elan wurde aus der Musik verbannt, weil Enthusiasmus als Thema zu simpel war. Statt dessen zeigt sich die Ambiguität der Hipster, die Musik illustriert ihren Kampf mit der eigenen hinterhältigen Verschlagenheit. Sie verlieren sich in den flüchtenden Akkorden, geboren aus der Mittelmäßigkeit der Orchestrierung und der Oberflächliche Qualität, um das aufkommende Spektakel des Solisten anzukündigen. Die Unermüdlichkeit der Solisten kennzeichnet auch die Hipster, die immer weiter gehen und kein Ende kennen.

 

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